Worum geht's denn hier?
Tierhaltung und Klimawandel
Zuerst die schlechten Nachrichten: Klimawandel ist übel. Und die Bedürfnisse von Tieren ignorieren ist natürlich auch nicht so der Bringer.
Nun ein Fakt von der UNO (die wir hier als ideologisch unverdächtig heranziehen): Ganze 18 Prozent des menschlich verursachten Klimawandels kommen aus der Züchtung, Haltung, Fütterung, Tötung, Transportierung und Verarbeitung von Tieren. Der Einfluss der "Nutztiere" auf die Klimaerwärmung ist damit höher als der
des weltweiten Verkehrs.
Jetzt ein bisschen komplizierte Dialektik: Statt Tierprodukten (Milch, Fleisch, Leder, Eier, Bärengalle, ...) könnten wir Menschen theoretisch auch pflanzliche Produkte verwenden (Hafermilch, Seitan, Hanf, Sojamehl, Pusteblumenextrakt, ...). Der Klimaeffekt wäre nur noch ein Bruchteil so groß. Dahinter stecken im Wesentlichen zwei Gründe:
- Zur Erzeugung einer tierlichen Kalorie (z.B. im Schweineschnitzel) werden durchschnittlich etwa 7 mal so viele pflanzliche Kalorien benötigt (z.B. im Sojaschrot). Der weitaus größte Teil der eingesetzten Pflanzenenergie geht also verloren. Die ökologischen Auswirkungen tierlicher Nahrungsmittel sind dementsprechend schon durch den Futteranbau um ein Vielfaches höher.
- Es gibt große Klimaeffekte von Tieren, die die meisten Pflanzen gar nicht haben. Prominentestes Beispiel: Kühe, die Methan pupsen (das ist übrigens die Erklärung für den Geist auf dem Flyer). Und Gülle, die Lachgas emittiert. Allerdings gilt es genau hinzusehen: Nassreis ist durch seine spezielle Anbaumethode auch eine große Methanquelle. Die meisten anderen Pflanzen allerdings nicht.
Und hier endlich die Schlussfolgerung aus all dem: Wir könnten auf unserem Planeten sowohl den Bedürfnissen von Tieren (draußen rumspringen, alt werden, Kinder großziehen und so) gerecht werden als auch damit gleichzeitig schonmal über 10% unserer Treibhausgase einsparen. Wir meinen: Feine Sache, über die Nachzudenken auf jeden Fall nicht verkehrt ist.
Würde ein Ende der Tierwirtschaft sonst noch irgendwas bringen?
Außer, dass es Klima und Tieren besser ginge? Aber hallo! Hier eine Auswahl:
- Hunger: Ebenfalls mit Tierhaltung verknüpft sind die katastrophalen sozialen Auswirkungen der heutigen globalisierten Landwirtschaft. Nach wie vor viel zu wenig im Bewusstsein der Öffentlichkeit ist, dass der Hunger von 850 Millionen unterernährten Menschen ein menschengemachtes Problem ist. Neben der Ungleichverteilung im Rahmen neoliberaler Globalisierung spielt die Verschwendung wertvoller pflanzlicher Kalorien durch sogenannte "Veredelung" (also Verfütterung an Tiere, wobei der größte Teil verloren geht) eine bedeutende Rolle.
- Regenwaldrodung: 70% des abgeholzten Amazonaswaldes werden für Weiden verwendet,
und der Futtermittelanbau belegt einen großen Teil der restlichen 30%.
Die Tierwirtschaft ist damit die Hauptursache für die Waldrodung im
Amazonas.
- Luftverschmutzung: 64% des weltweiten Ammoniumausstoßes gehen zulasten der
Tierwirtschaft. Dies fördert den sauren Regen und die Übersäuerung von Ökosystemen.
- Wasser: Auf die "Nutztierhaltung" entfallen über 8% des globalen menschlichen Wasserverbrauchs, hauptsächlich für den Anbau von Futterpflanzen. Darüberhinaus ist die Tierhaltung wahrscheinlich der größte wasserverschmutzende Sektor. Wegen (auch durch den Klimawandel bedingter) stark zunehmender Wasserknappheit in einigen Weltregionen wird Tierhaltung in diesem Jahrhundert damit auch zu gewalttätigen Konflikten um Wasser beitragen.
- Artenvielfalt: Die 30 Prozent der Erdoberfläche, die heute weitgehend monokulturell für Tierhaltung genutzt werden, waren früher Lebensraum für zahllose Tier- und Pflanzenarten. Auch durch Waldrodung, Verschmutzung, Überfischung und andere Faktoren gehört die Tierwirtschaft zu den führenden Ursachen von Artenverlust.
Und was soll ich jetzt mit diesen ganzen Infos?
Och, erstmal sacken lassen. Anzweifeln, recherchieren, einlesen. Bekannten erzählen, gemeinsam Fragen stellen, nachdenklich werden. Sowas halt.
Und danach immer mal wieder dran denken. Bei der Bundestagswahl, vor der Kühltheke, in gemütlicher Plauderrunde. Oder wenn Deine Fußgängerzone mal wieder einen Infotisch vertragen könnte. Oder Dein Gemeindehaus eine Podiumsdiskussion. Oder Deine Zeitung einen Leserbrief. Ein politischer Mensch sein eben. Wegen der Gerechtigkeit, und der Sache mit der dauerhaft schönen Welt für alle.
Quellenangaben und Links:
- [1]: FAO, "Livestock's long shadow" Kapitel 03 (Part IV), 2006
- [2]: siehe Vegetarier-Bund Deutschlands (VEBU)
- [3]: siehe z.B. FIAN / Forum Umwelt und Entwicklung / Gerechtigkeit Jetzt!, "Der Handel mit dem Hunger" (PDF, 1,3MB), 2006
- [4]: siehe u.a. Die Tierfreunde e.V., "Das Brot für die Welt auf unserem Teller"
- [5]: FAO, "Livestock's long shadow", Executive summary (PDF, 253 KB)